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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Collected Essays on Drama 1889–1900
GA 29

Automated Translation

Magazin für Literatur 1897, Volume 66, 48

66. “Dorina”

Moral play in three acts by Gerolamo Rovetta. German by Otto Eisenschitz
Performance at the Residenz-Theater, Berlin

'If I were of the opinion that a critic should be ashamed when he becomes an enthusiast, I would have to blush at what I have just written about "Das Käthchen von Heilbronn". But I am not ashamed at all. But I want to pull myself together again and be quite reasonable. The memory of "Dorina" by Rovetta brings me back to my senses. There's nothing in it that gives cause for enthusiasm. At first, Baron Nicki is an immature boy full of passion, a child's head as it is written in the book. He falls in love with Dorina, who is bringing up a granddaughter in his mother's house. The mother chases Dorina out of the house. Now she becomes a singer. She falls into the hands of a couple of swindlers: the maestro Constantini, who teaches her to sing, and his clean-cut wife. These depraved people want to exploit the good Dorina in every possible way. But Dorina is moral, and the Constantinis are immoral. That's why Dorina is sad, crying and whimpering all the time. Nicki, who once loved her, also reappears on the scene. Now, however, he is a blasé bon vivant who has grown out of his childishness in Paris and Monte Carlo. He now regards Dorina as his "dear little girl" and sends her money so that she can pay her debts. Dorina is unhappy that the passionate child has turned into a blasé rouge. She cries, cries, and wants to leave, leave. Then the curtain falls. When it rises again, Dorina is a famous singer, an ingenious Carmen, and lets herself be adored by all kinds of people, even being kept by a duke. Nicki has changed no less. He has become "deep" again. He loves Dorina like himself again. He wants to marry her. She's gotten a little smarter. She lets him fidget a little. But then she marries him after all.

Why am I mocking? Because the play is not so insignificant. There really is psychology in it. Everything that happens is interesting. But no. Not everything. What happens in the open scene is dull. But in the interludes, there are important moments of development. That's where the most important things happen that a poet should portray. But a poet must also keep the audience guessing. In the foyer, while drinking beer and munching on a ham sandwich, people may think the best.

«DORINA»

Sittenbild in drei Akten von Gerolamo Rovetta. Deutsch von Otto Eisenschitz
Aufführung im Residenz-Theater, Berlin

‘Wenn ich der Meinung wäre, ein Kritiker müsse sich schämen, wenn er einmal zum Schwärmer wird, so müßte ich ganz rot werden über das, was ich eben über «Das Käthchen von Heilbronn» niedergeschrieben habe. Aber ich schäme mich gar nicht. Ich will mich aber auch gleich wieder zusammennehmen und ganz vernünftig sein. Die Erinnerung an «Dorina» von Rovetta bringt mich auch schon wieder zur Vernunft. In ihr ist nichts, was Veranlassung zur Schwärmerei gibt. Der Baron Nicki ist zuerst ein unreifer Knabe voll Leidenschaft, ein Kindskopf, wie er im Buche steht. Er verliebt sich in Dorina, die im Hause seiner Mutter eine Enkelin derselben erzieht. Die Mutter jagt die gute Dorina aus dem Hause. Nun wird diese Sängerin. Sie gerät dabei in die Hände eines Schwindler-Ehepaares: des Maestro Constantini, der sie im Singen unterweist, und seiner sauberen Ehehälfte. Diese verkommenen Leute wollen die brave Dorina nach jeder Richtung hin ausnützen. Aber Dorina ist moralisch, und die Constantinis sind unmoralisch. Deshalb ist Dorina traurig, weint und wimmert in einem fort. Auch der Nicki, der sie einst geliebt, erscheint wieder auf der Bildfläche. Jetzt aber ist er ein blasierter Lebemann, der sich in Paris und in Monte Carlo die Kindsköpfigkeit abgewöhnt hat. Die Dorina sieht er nunmehr als seine «liebe Kleine» an und schickt ihr Geld, damit sie ihre Schulden bezahlen könne. Dorina ist unglücklich darüber, daß aus dem leidenschaftlichen Kindskopf ein blasierter Roue geworden ist. Sie weint, weint, und will fort, fort. Da fällt der Vorhang. Wenn er wieder aufgeht, ist Dorina eine berühmte Sängerin, eine geniale Carmen, und läßt sich von allen möglichen Leuten anlieben, von einem Herzog sogar aushalten. Nicki hat sich nicht weniger verändert. Er ist wieder «tief» geworden. Er liebt Dorina wieder wie sich selbst. Er will sie heiraten. Sie ist erwas klüger geworden. Sie läßt ihn ein wenig zappeln. Dann aber heiratet sie ihn doch.

Wozu nur spotte ich? Das Stück ist nämlich gar nicht so unbedeutend. Es ist wirklich Psychologie darin. Alles, was vorgeht, ist interessant. Doch nein. Nicht alles. Was bei offener Szene vorgeht, ist matt. Aber in den Zwischenakten, da liegen wichtige Entwicklungsmomente. Da geschieht das Wichtigste, was ein Dichter darstellen sollte. Aber ein Dichter muß doch auch für den Spürsinn des Publikums sorgen. Im Foyer, während sie Bier trinken und ein Schinkenbrot kauen, mögen sich die Leute das Beste denken.