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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Collected Essays on Drama 1889–1900
GA 29

Automated Translation

Magazin für Litertur 1899, Volume 68, 18

116. Arthur Schnitzler

Performance at the Deutsches Theater, Berlin

Arthur Schnitzler has awakened the same feeling in me with all his creations: he neatly peels away everything that lies on the surface from the processes of life and leaves the content hidden beneath this surface. What he brings can only ever interest me because of this content; but this poet has no eye for this content itself. I had this feeling in particular with his new cycle of one-act plays.

The play "The Companion" presents a professor who has just lost his wife. Friends express their usual sympathy. A woman appears, demanding letters from the estate of the deceased. What is written in these letters is to remain a secret for the professor. But he believes he has long known what these letters bear witness to. The deceased wife was the mistress of his assistant. He has come to terms with this fact. It had seemed natural to him that he could only enjoy a brief happiness with a woman twenty years his junior. She was made to be a lover, not a companion, as he would have needed one. In his opinion, the two went their separate ways. But when the assistant appears at the professor's house after the funeral, it turns out that the truth is quite different from what the husband had suspected. This assistant had been in love with another woman for two years and had long since chosen her as his wife. So he did not treat the deceased as his mistress, no, as his prostitute. The professor would have accepted a love affair between the two, because it seemed natural to him. He would even have released the woman if the lovers had found the courage to demand it. But what is now revealed fills him with disgust and he shows the low-minded man the door. From conversations between the professor, the friend of the deceased and the assistant, we learn everything that has happened over the course of many years. These conversations are only the conclusion of a longer series of facts. The friend says that precisely because the professor has learned the full truth, he can now regain his peace. He now knows how little he possessed the woman who has just died. Now that she had passed away, he was no longer under the pressure of an unnatural marriage, and he did not need to mourn the death of the woman who had always been a stranger to him, who had only died in this house by chance. But what precedes this conclusion is, according to what we learn, not at all dramatic. For years a woman betrays her husband with another. In the end she even knows that the other is planning to marry someone else. The professor suspects something, but does nothing. And the seducer lives the life that touches him more deeply, outside the scene of the action. As atmospheric as Schnitzler knows how to make the conversations, nothing is gripping. The whole thing leaves you indifferent, because the facts are not based on any events that could evoke a deeper interest on their own.

The second one-act play "The Green Cockatoo" made even less of an impression on me. In a Parisian dive at the time of the revolution, down-and-out actors and sensationalist aristocrats gather every evening. On the evening we are shown the Bastille is stormed. The ex-comedians perform scenes of crime with the worst pathos, and the nobles get the creeps. Henri, one of the actors, has just married L&ocardie. He wants to portray how he killed the Duke of Cadignan because his wife was in love with him. He then learns that this infidelity is based on truth. The Duke arrives at the tavern at just the right time, and Henri really does kill him. As gripping as this may be for an audience with an eye for external theatrical effects, the whole thing is nothing but high jinks; it is reminiscent of shows that serve low taste and is boring in detail.

The best of the three one-act plays is "Paracelsus". The adventurous and mysterious 16th century personality uses hypnotism to carry out a prank in the house of an armourer. He suggests to the wife of the coarse, clumsy master craftsman that she must tell the truth for an afternoon. The husband then learns all sorts of edifying things about the heart of his "faithfully guarded" wife. Although the drawing of the characters is interesting and the process is not without a certain background, it seems to me to be nothing more than an extract of what can be said about Paracelsus and hypnotism in a salon conversation and accompanied by not exactly deep wit.

ARTHUR SCHNITZLER

Aufführung im Deutschen Theater, Berlin

Arthur Schnitzler hat mit allen seinen Schöpfungen in mir ein gleiches Gefühl erweckt: er schält aus den Vorgängen des Lebens fein säuberlich alles ab, was an der Oberfläche liegt, und läßt den Inhalt, der unter dieser Oberfläche sich verbirgt, liegen. Was er bringt, kann mich immer nur dieses Inhalts wegen interessieren; aber für diesen Inhalt selbst hat dieser Dichter kein Auge. Dieses Gefühl habe ich bei seinem neuen Einakterzyklus in ganz besonderem Maße gehabt.

Das Schauspiel «Die Gefährtin» führt einen Professor vor, der eben die Gattin verloren hat. Freunde bezeugen ihre üblichen Mitgefühle. Eine Frau erscheint, die Briefe fordert aus dem Nachlaß der Verstorbenen. Was in diesen Briefen steht, soll für den Professor Geheimnis bleiben. Er glaubt aber längst zu wissen, wovon diese Briefe zeugen. Die verstorbene Gattin war die Geliebte seines Assistenten. Er hat sich mit dieser Tatsache abgefunden. Es war ihm natürlich erschienen, daß er mit der um zwanzig Jahre jüngeren Frau nur ein kurzes Glück genießen könne. Sie war zur Geliebten, nicht zur Gefährtin, wie er einer bedurft hätte, geschaffen. Beide gingen, nach seiner Ansicht, ihre Wege nebeneinander. Als aber der Assistent nach dem Begräbnisse im Hause des Professors erscheint, da zeigt sich, daß die Wahrheit noch eine ganz andere ist, als der Gatte geahnt hat. Dieser Assistent hat schon zwei Jahre lang ein anderes Weib geliebt und längst zu seiner Gattin bestimmt. Er hat also die Verstorbene nicht als seine Geliebte, nein, als seine Dirne behandelt. In ein Liebesverhältnis der beiden hätte sich der Professor gefügt, denn das erschien ihm natürlich. Er hätte die Frau sogar freigegeben, wenn die Liebenden den Mur gefunden hätten, das zu verlangen. Was sich nun aber enthüllt, erfüllt ihn mit Ekel, und er weist dem Niedriggesinnten die Türe. Aus Gesprächen zwischen dem Professor, der Freundin der Verstorbenen und dem Assistenten erfahren wir alles, was sich im Laufe vieler Jahre abgespielt hat. Diese Gespräche bilden nur den Schluß einer länger andauernden Reihe von Tatsachen. Die Freundin meint, daß eben dadurch, daß der Professor die volle Wahrheit erfahren habe, er nun seinen Frieden wiedergewinnen könne. Er wisse nun, wie wenig er die Frau besessen habe, die eben gestorben ist. Er leide nun, da sie dahingegangen, nicht mehr unter dem Druck einer unnatürlichen Ehe, und er brauche auch den Tod des Weibes nicht zu betrauern, das ihm immer fremd war, das nur zufällig in diesem Hause gestorben ist. Was aber vor diesem Schluß liegt, ist, nach dem, was wir erfahren, durchaus nicht dramatisch. Jahrelang hintergehr eine Frau ihren Mann mit einem andern. Sie weiß zuletzt sogar, daß der andere sich mit einer andern zu verbinden gedenkt. Der Professor ahnt etwas, tut aber nichts. Und der Verführer lebt das Leben, das ihn tiefer berührt, außer dem Schauplatze der Handlung. So stimmungsvoll auch Schnitzler die Gespräche zu gestalten weiß: ergreifend ist nichts. Das Ganze läßt gleichgültig, weil den Tatsachen keine Scelenvorgänge zugrunde liegen, die allein ein tieferes Interesse hervorrufen könnten.

Noch weniger Eindruck konnte auf mich der zweite Einakter «Der grüne Kakadu» machen. In einer Pariser Spelunke, zur Zeit der Revolution, versammeln sich allabendlich heruntergekommene Schauspieler und sensationslüsterne Adlige. An dem Abend, der uns vorgeführt wird, wird die Bastille erstürmt. Die ExKomödianten führen mit schlimmstem Pathos Verbrecherszenen vor, und die Adligen bekommen dabei das Gruseln. Henri, einer der Schauspieler, hat sich eben mit L&ocardie vermählt. Er will darstellen, wie er den Herzog von Cadignan getötet hat, weil seine Frau mit diesem in Liebschaft lebte. Da erfährt er, daß diese Untreue auf Wahrheit beruht. Der Herzog kommt zur rechten Zeit in die Spelunke, und Henri tötet ihn nun wirklich. So packend das auch für ein auf äußere Theaterwirkungen sehendes Publikum sein mag: das Ganze ist doch nur ein höherer Ulk; es erinnert an Schaustellungen, die niederem Geschmack dienen, und ist im einzelnen langweilig.

Der beste der drei Einakter ist «Paracelsus». Die abenteuerlichgeheimnisvolle Persönlichkeit des 16. Jahrhunderts führt mit Hilfe des Hypnotismus im Hause eines Waffenschmiedes einen Streich aus. Er suggeriert der Gattin des derben, plumpen Handwerksmeisters, daß sie einen Nachmittag lang die Wahrheit sagen müsse. Da erfährt denn der Gatte allerlei Erbauliches über das Herz seines von ihm «treu gehüteten» Weibes. Trotzdem die Zeichnung der Figuren interessant ist und der Vorgang eines gewissen Hintergrundes nicht entbehrt, scheint mir die Sache doch nichts weiter zu sein als ein Extrakt dessen, was man über Paracelsus und den Hypnotismus in einem Salongespräch vorbringen und dort mit nicht gerade tiefem Witz begleiten kann.